Morgenseiten für Midlifer
Gerade als Midlifer dreht die „Grübelspirale“ oft rasend schnell und intensiv. In der Mitte des Lebens verfallen viele in die Midlife Crisis, erleben einen oder mehrere Burn-Outs oder verfallen in depressive Phasen. Ein Weg, das „Gedankenkarussell“ zu verlangsamen, ist das regelmäßige Schreiben von „Morgenseiten“.
Schreiben ist eine Fähigkeit, die Midlifer für sich entdecken sollten – unabhängig davon, ob sie Texte veröffentlichen möchten, Schriftsteller sind bzw. werden wollen – oder einfach nur aus Leidenschaft, Druck oder Notwendigkeit schreiben. Die Selbstreflexion ist ein wesentlicher Bestandteil des Midlife. Die Morgenseiten unterstützen diesen Prozess immens.
Schreibmethoden, die vielseitig einsetzbar und leicht umzusetzen sind, schätze ich sehr. Und ein solches Konzept sind die Morgenseiten, die einfach, aber äußerst effektiv sind. Entwickelt wurden sie von der amerikanischen Autorin Julia Cameron, die sie in ihrem Buch „Der Weg des Künstlers“ ausführlich beschreibt. Morgenseiten sind aber bei weitem nicht nur für Künstler und Schriftsteller gedacht; sie können jedem helfen, der seine Kreativität entfalten und seine Gedanken verschriftlichen möchte. Deshalb sind Morgenseiten für Midlifer besonders geeignet. Anstatt den ganzen Tag (und die ganze Nacht) im „stillen Kämmerlein“ immer wieder und wieder die gleichen Gedanken „durchzukauen“, werden die Gedanken schon dadurch strukturiert, dass man sie handschriftlich auf Papier bringt.
Die Autorin Julia Cameron erklärt, dass Morgenseiten ein Mittel sind, um die eigene Kreativität zu erschließen. Sie helfen dabei, die innere Stimme zu überwinden, die neue und unkonventionelle Gedanken sofort zensiert. Als Midlifer schreibe ich selbst zwar nicht durchgehend Morgenseiten, greife jedoch immer wieder auf diese wertvolle Methode zurück.
Morgenseiten unterstützen mich dabei:
- in schwierigen Lebensphasen (wie das Midlife sicher eine ist) meine schwirrenden Gedanken zu ordnen und den Überblick zu behalten,
- alle Gedanken loszulassen und fokussiert in eine Aufgabe zu starten,
- in einen regelmäßigen Denk- und Schreibrhythmus zu finden,
- Probleme aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und
- neue Ideen zu entwickeln.
„Schriftliche Gehirnentleerung“: Wie schreiben Midlifer Morgenseiten?
Schreibe morgens alles auf, was dir in den Sinn kommt. Wichtig ist, dass du schreibst, BEVOR du irgendwelche Medien von konsumiert hast. Also KEIN Handy, kein Social Media, kein Internet, keine Zeitung, kein Radio und TV, kein Buch. Gar nichts! Deine Gedanken sollen nicht ab-gelenkt sein, sondern aus dir ungefiltert und unbeeinflusst heraussprudeln. Fülle drei Seiten oder schreibe eine halbe Stunde am Stück. Die Idee ist simpel: Jeden Morgen nach dem Aufstehen setzt du dich hin und schreibst mit der Hand die Seiten voll. Dabei geht es darum, ohne Ablenkung alles aufzuschreiben, was dir in den Sinn kommt – wirklich alles! Rechtschreibung, Grammatik und Struktur spielen keine Rolle. Du liest nicht zurück und korrigierst keine Fehler; es ist eine schriftliche Gehirnentleerung. Es gibt dabei kein Richtig oder Falsch – alle Gedanken sind willkommen.
Schreiben der Morgenseiten – möglichst handschriftlich
Morgenseiten sollten handschriftlich verfasst werden. Das mag zunächst altmodisch erscheinen, da viele Texte heutzutage am PC entstehen. Doch das handschriftliche Schreiben hat viele Vorteile: Oft entstehen dadurch „andere“ Texte, weil man fokussierter ist und das Schreiben mit der Hand eine sinnliche Erfahrung bietet. Außerdem kann man Stift und Papier fast überall nutzen, was mehr Flexibilität beim Schreibort ermöglicht.
Wenn du dich aber mit dem handschriftlichen Schreiben schwer tust, lass dich nicht davon abhalten – du kannst deine Seiten auch am Computer tippen. Wichtig ist, DASS du schreibst und deine Gedanken sondierst.
Regelmäßige Morgenseiten sind wichtig
Julia Cameron betont die Bedeutung des regelmäßigen Schreibens – idealerweise jeden Tag. Auch wenn du mal keine Motivation hast oder müde bist, solltest du dranbleiben und trotzdem schreiben. Wenn du die Methode ausprobierst, empfehle ich dir, mindestens 30 Tage lang täglich Morgenseiten zu schreiben. Das ziellose Schreiben kann anfangs herausfordernd sein; oft entfaltet sich das volle Potenzial dieser Methode erst nach einiger Zeit und Übung. Ich persönlich mache bei den Morgenseiten gelegentlich Pausen; manchmal gelingt mir das tägliche Schreiben nicht oder ich habe einfach keine Zeit dafür. Dennoch bin ich bisher nach jeder Pause immer wieder zu dieser Methode zurückgekehrt. Es lohnt sich einfach, die ca. 30 Minuten täglich zu investieren. Gerade als Midlifer.
Was ist das Besondere an Morgenseiten für Midlifer? Worüber sollten Midlifer bei ihren Morgenseiten schreiben?
Morgenseiten können für Midlifer besonders wertvoll sein, da diese Lebensphase oft mit bedeutenden Veränderungen, Herausforderungen und Chancen einhergeht. Hier sind einige Aspekte, die Morgenseiten für Midlifer besonders machen:
Besonderheiten der Morgenseiten für Midlifer
- Selbstreflexion: In der Midlife-Phase neigen viele Menschen dazu, ihr Leben zu reflektieren und sich Fragen über ihre Ziele, Erfolge und unerfüllten Träume zu stellen. Morgenseiten bieten einen Raum, um diese Gedanken zu erkunden und Klarheit über persönliche Werte und Prioritäten zu gewinnen.
- Kreativität entfalten: Viele Midlifer entdecken neue Interessen oder Hobbys, die sie in jüngeren Jahren vielleicht vernachlässigt haben. Das Schreiben von Morgenseiten kann helfen, kreative Ideen zu entwickeln und neue Wege auszuprobieren.
- Stressbewältigung: Diese Lebensphase kann mit Stressfaktoren wie beruflichen Veränderungen, familiären Verpflichtungen oder gesundheitlichen Herausforderungen verbunden sein. Morgenseiten ermöglichen es, Gedanken und Sorgen zu ordnen und emotionale Belastungen abzubauen.
- Zukunftsplanung: Midlifer stehen oft vor Entscheidungen bezüglich Karrierewechsel, Ruhestand oder Umzug. Morgenseiten können helfen, diese Überlegungen zu strukturieren und verschiedene Perspektiven zu betrachten.
- Emotionale Verarbeitung: In dieser Lebensphase können auch Verlust oder Trauer (z.B. durch den Tod von Angehörigen oder das Verlassen des „leeren Nests“) eine Rolle spielen. Das Schreiben kann als therapeutisches Werkzeug dienen, um Gefühle zu verarbeiten.
Themen für Morgenseiten von Midlifern
Wenn man vor einem leeren Blatt Papier sitzt, kann das bedrohlich wirken und eine „Schreibblockade“ auslösen. Idealerweise sprudeln die Gedanken heraus und man muss sie nur niederschreiben. Aber was tun, wenn man nicht weiß, womit man anfangen soll? Im Folgenden habe ich eine Liste mit möglichen Einstiegsfragen für Midlifer zusammengestellt, mit denen sie ihre Morgenseiten starten können.
- Lebensziele und Träume: Was möchte ich in den nächsten Jahren erreichen? Welche Träume habe ich noch nicht verwirklicht?
- Berufliche Veränderungen: Überlege dir mögliche Karrierewege oder -wechsel. Was sind meine Stärken? Welche neuen Fähigkeiten möchte ich erlernen?
- Gesundheit und Wohlbefinden: Reflektiere über deine körperliche und geistige Gesundheit. Was kann ich tun, um mich besser zu fühlen? Welche Gewohnheiten möchte ich ändern?
- Beziehungen: Denke über deine Beziehungen nach – sowohl zu Partnern als auch zu Freunden und Familie. Gibt es Konflikte oder unerfüllte Bedürfnisse? Wie kann ich meine Beziehungen stärken?
- Persönliches Wachstum: Welche neuen Hobbys oder Interessen möchte ich erkunden? Gibt es Bücher oder Kurse, die mich interessieren?
- Finanzielle Planung: Schreibe über deine finanziellen Ziele für die Zukunft – sei es für den Ruhestand oder andere große Anschaffungen.
- Dankbarkeit: Führe eine Liste von Dingen, für die du dankbar bist; dies kann helfen, eine positive Perspektive auf dein Leben zu entwickeln.
- Ängste und Sorgen: Teile deine Ängste bezüglich der Zukunft oder anderer Lebensbereiche; das Ausdrücken dieser Gedanken kann entlastend wirken.
- Visionen für die Zukunft: Skizziere deine Vorstellungen davon, wie du deinen Ruhestand verbringen möchtest oder welche Abenteuer du erleben willst.
- Reflexion über vergangene Erfahrungen: Denke über prägende Erlebnisse in deinem Leben nach – was hast du daraus gelernt? Wie haben sie dich geformt?
Indem Midlifer regelmäßig Morgenseiten schreiben, können sie nicht nur ihre Gedanken klären und ordnen, sondern auch aktiv an ihrer persönlichen Entwicklung arbeiten und neue Perspektiven auf ihr Leben gewinnen.
Muss ich wirklich morgens schreiben?
Ursprünglich ist die Idee der Morgenseiten tatsächlich so angelegt, dass sie gleich nach dem Aufstehen geschrieben werden – daher der Name „Morgenseiten“. Es hat seine Vorteile, den Tag mit Schreiben zu beginnen; es gibt aber auch Nachmittags- oder Abendseiten. Mir ist aufgefallen, dass sich die Inhalte meiner Texte je nach Tageszeit verändern: Am Morgen kommen oft neue Ideen und Pläne zum Vorschein; nachmittags und abends reflektiere ich eher über den Tag.
Sollte ich das Geschriebene durchlesen?
Nein! Oder zumindest nicht sofort nach dem Schreiben. Julia Cameron empfiehlt, die Morgenseiten erst nach einigen Wochen zu lesen. Ich persönlich finde es nicht notwendig, sie überhaupt noch einmal durchzulesen; wenn mir beim Schreiben ein wichtiger Gedanke kommt, markiere ich ihn direkt im Text und übertrage ihn gegebenenfalls später in mein Notizbuch.
Fazit Morgenseiten für Midlifer
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Schreiben von Morgenseiten für Midlifer eine wertvolle Methode darstellt, um die Herausforderungen und Veränderungen dieser Lebensphase aktiv zu bewältigen. Inmitten von Selbstreflexion, Stressbewältigung und der Suche nach neuen Perspektiven bieten Morgenseiten einen strukturierten Raum, um Gedanken und Gefühle zu ordnen. Diese einfache, aber effektive Schreibpraxis fördert nicht nur die Kreativität, sondern hilft auch dabei, emotionale Belastungen abzubauen und Klarheit über persönliche Ziele zu gewinnen. Indem Midlifer regelmäßig ihre Gedanken auf Papier bringen – sei es morgens oder zu einem anderen Zeitpunkt – können sie ihre innere Stimme stärken und sich auf eine positive Reise der persönlichen Entwicklung begeben. Die Themenvielfalt, die in den Morgenseiten angesprochen werden kann, ermöglicht es jedem Einzelnen, individuell auf seine Bedürfnisse einzugehen und neue Wege für die Zukunft zu erkunden. Letztlich ist das regelmäßige Schreiben von Morgenseiten nicht nur ein Werkzeug zur Selbsthilfe, sondern auch ein Schritt hin zu einem erfüllteren und bewussteren Leben in der Mitte des Lebens.
So viel zum Konzept der Morgenseiten für Midlifer. Jetzt bist du dran: schreibe einfach los. Wenn du Fragen, Ergänzungen und Anmerkungen hast, hinterlasse gerne einen Kommentar. Schreibst du bereits Morgenseiten oder hast du diese Methode ausprobiert? Wie lange schon? Welche Erfahrungen hast du damit gemacht?
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